Hallo Hera. Du lebst derzeit in Santiago de Chile. Wie hat es dich denn von Island nach Südamerika verschlagen?

Ich nahm dort auf Einladung am „Viña del Mar“ Festival teil, einem sehr prestigeträchtigen Musikwettbewerb in Südamerika. Ich kam, sah und siegte. Es war eine tolle Erfahrung, so dass ich beschloss neue Märkte zu erschließen für meine Musik. Also blieb ich einfach dort. Ich hatte nie damit gerechnet, dass sich die Menschen dort für mich und meine Musik interessieren. Also beschlossen meine Familie und ich dort hinzuziehen. Das sind nun schon fast zwei Jahre, vielleicht bleiben wir noch einige Wochen, einige Monate, ich weiß es noch nicht so genau. Ich lasse mich einfach überraschen. Und wenn es an der Zeit ist, werde ich nach Europa zurückkehren.

Was sind deine Erinnerungen an den Eurovision Song Contest 2010 in Oslo?

Einfach fantastisch. Ich hatte in Oslo die beste Zeit meines Lebens. Ich fühlte mich absolut sicher und so unglaublich geliebt von den Fans. Ich habe das Finale erreicht, auch wenn Island mal wieder bis zum letzten Umschlag warten musste.

Das ist wohl ein Running Gag der EBU.

Sieht fast so aus. Das war das dritte Jahr hintereinander, dass Island als Letztes aus dem virtuellen Umschlag gezogen wurde. Es war wirklich sehr nervenaufreibend. Aber dennoch der perfekte Moment. Ich war ja auch schon bei Yohanna mit im Chor dabei, und musste das gleiche Spiel miterleben. Oslo war einfach wunderbar. Daher freute es mich sehr, dass ich nun hier in Wien wieder dabei sein kann mit María im Chor.

Du bist eine der Eurovisions-Königinnen. Warum glaubst du lieben dich die Fans so sehr?

Das ist eine gute Frage. Möglicherweise spüren die Fans, dass ich diesen Wettbewerb und alles drum herum genauso liebe wie sie. Ich verfolge alles, was auf der Bühne vor sich geht, hinter der Bühne und vor der Bühne. In der Halle und im Euroclub. Die „Arbeit“, die die Fans machen, ist so großartig. Alles für die Künstler. Es ist schwer zu erklären, ein unbeschreibliches Gefühl, dass die Fans mich so mögen. Einfach Wahnsinn, dass sie mich und meine Lieder so lieben. Ich habe mich sehr darüber gefreut, dass ich hier nach Wien eingeladen wurde, und ich nehme mir auch gerne die Zeit für die Fans, die aus ganz Europa hier nach Österreich gekommen sind. Es ist das „Je ne saisquoi“ – etwas, das man nicht erklären kann (lacht). Etwas Wunderschönes.

Wie zufrieden warst du mit dem Ergebnis im Finale? Im Semifinale warst du Dritte, im Finale bist du auf Platz 19 gelandet. Wie erklärst du dir diese große Diskrepanz?

Alles in Ordnung. In erster Linie zählen für mich die wundervollen Erinnerungen, die ich aus Oslo mitnehmen konnte. Daher war mir im Endeffekt die Platzierung relativ egal. Natürlich hätte ich mich darüber gefreut, wenn ich weiter vorne gelandet wäre. Es spielt letzten Endes keine Rolle. Denn ich bin immer noch gefragt, ich werde immer noch eingeladen und komme auch wahnsinnig gerne auf solche Events wie hier im Euro Fan Café in Wien. Das ist für mich der erste Platz. In meinem Herzen ist das die Nummer 1.

Du bist neben Chorsängerin hier in Wien für María auch ihre Gesangslehrerin. Wie ist die Zusammenarbeit mit ihr?

María ist eine großartige Sängerin. Es ist so toll sie „wachsen“ zu sehen und Teil ihrer Entwicklung sein zu dürfen. Es erfüllt mich mit Stolz. Sie arbeitet so hart an sich und versucht alles richtig zu machen. Was nicht immer leicht ist. Du musst dir nur mal das Video von meinem Auftritt anschauen. Auch da war nicht alles perfekt, der ein oder andere Ton ging da auch daneben. Und ich bin, im Gegensatz zu ihr, eine „Großmutter“ in diesem Geschäft. Alle stehen hier unter enormem Stress, aber sie bleibt immer ruhig und bleibt auf dem Boden der Tatsachen. Sie bleibt immer fokussiert, zickt nicht rum, was für ein Mädchen in ihrem Alter nicht immer selbstverständlich ist. Sie arbeitet konzentriert und akribisch auf ihr Ziel hin, und ich fühle mich irgendwie wie ihre Mutter, die sie auf diesem Weg begleiten darf. Sie macht alles, was man ihr sagt ohne zu murren. Wenn man ihr sagt, sie soll schneller rennen, dann rennt sie schneller. Sie ist einfach toll und wird es noch sehr weit bringen.

Warum, glaubst du, hat sich Island in diesem Jahr nicht für das Finale qualifiziert?

Ich bin mir da nicht ganz sicher. Ich denke, da spielen viele Faktoren zusammen. Um es kurz und einfach zu sagen: es gab in diesem Semifinale zehn Lieder, die Europa besser gefallen haben. So ist das Leben. Jeder hat einen anderen Geschmack, und jeder entscheidet anders. Dies ist die Summe vieler Entscheidungen, und so ist dieses Ergebnis dann eben zustande gekommen. Wenn wir dem zustimmen oder nicht zustimmen, wir folgen diesem Weg, auch wenn wir nicht wissen, wo uns dieser Weg letzten Endes hinführen wird. Europa hat einfach für zehn andere Lieder gestimmt, und nicht für unseres. Aber sie wird zurückschlagen… wir alle (lacht).

Das führt mich gleich zu meiner nächsten Frage. Wann wirst du wieder in vorderster Front auf der Eurovisionsbühne zu sehen sein?

Ich weiß es nicht. Ich liebe diesen Wettbewerb und diese Plattform. Es ist einfach eine tolle Möglichkeit sich und sein Land zu repräsentieren. Ich würde gern wieder teilnehmen. Aber dazu braucht es den richtigen Song zur richtigen Zeit. Alles muss stimmen. Es war damals eine so großartige Erfahrung für mich in Oslo, die ich nicht ruinieren möchte. Es gab schon viele Teilnehmer, die alles daran gesetzt haben es beim zweiten Mal noch besser zu machen und dann gescheitert sind. Es braucht den perfekten Song und den absoluten Willen es wirklich zu tun. Und nicht nur aus dem Grund es einfach nur besser machen zu wollen. Einfach, es wirklich machen zu wollen und Spaß zu haben, egal was hinterher dabei heraus kommt. Wenn dieser Song kommt, dann lass ich es euch wissen (lacht).

Kannst du die Unterschiede zwischen dem Viña del Mar Festival und dem Eurovision Song Contest genauer erläutern?

Sie haben gemeinsam, dass das Viña del Mar Festival ähnlich alt ist wie der Eurovision Song Contest, und auch ähnlich funktioniert. Es ist natürlich mehr auf die südamerikanische Musik und den dortigen Markt ausgerichtet, und nicht so sehr auf den internationalen Markt. Es sind dort eher landestypische Lieder vertreten, die mehr in die Richtung Folk-Musik gehen. Es war großartig all diese Künstler dort zu treffen und all diese verschiedenen Arten von Musik, besonders die folkloristischen Lieder fand ich großartig undhaben es mir angetan. Es ist auf vielerlei Art und Weise dem Eurovision Song Contest ähnlich, aber auch auf vielerlei Art und Weise sehr anders. Ich müsste ein Buch schreiben um dies genauer und adäquat erklären und erläutern zu können. Aber ich werde es, ganz bestimmt.

Hera, da du nun schon seit einiger Zeit in Santiago de Chile lebst, sprichst du Spanisch?

Yo hablo sólo un poco español… Ich spreche ein wenig Spanisch nach einem Jahr. Es reicht zumindest, um die Einheimischen von dort zu verstehen. Ich kann mich noch nicht so ausdrücken, wie ich es gerne würde, aber ich bin fleißig am Üben.

Vielen Dank, und ich hoffe, dass wir uns bald wiedersehen.