Hallo Per, Richard und Louis. Ihr habt 1984 den Eurovision Song Contest für Schweden gewonnen. Wer hatte die Idee zu eurer Choreographie, die vielen sicher noch im Gedächtnis geblieben ist, neben euren goldenen Schuhen?

Richard: Wir hatten einen Choreographen, der uns dabei unterstützt hat aus unserem Lied eine „Tanznummer“ zu machen. Ich weiß nicht mehr, wer es genau entschieden hat. Doch letzten Endes entschieden wir Drei uns gemeinsam dafür, dass es einfach zu viel war. Weil wir schlichtweg die Befürchtung hatten, dass bei dem vielen „Rumgehopse“ der Gesang darunter leiden könnte. Louis: Wir haben letzten Endes nur einige Teile übernommen, um das Ganze für uns etwas einfacher und leichter zu gestalten. Und ich denke, das wir die richtige Entscheidung. Per: Der Choreograph, der die ursprüngliche Choreographie entworfen hat, ein gebürtiger Schwede, kam aus Los Angeles und war zur damaligen Zeit in den USA sehr bekannt. Er hatte auch schon für Michael Jackson als Tänzer und Choreograph gearbeitet.

War es schwierig für euch die Choreographie einzustudieren und zu erlernen?

Per: Es hat schon einige Zeit gedauert bis alles perfekt saß, aber so schwierig war es dann doch nicht. Das Tanzen an sich ist nicht schwierig. Singen und Tanzen zur gleichen Zeit, das ist die Herausforderung. Und vor allem die Balance zwischen diesen beiden Elementen richtig zu gestalten, damit der Gesang eben nicht unter den Bewegungen leidet.

Wann kam die Idee eure Schuhe mit Goldspray zu färben?

Richard: Diese Idee erschien uns natürlich, da der Song eben auch von goldenen Schuhen handelt. Das geschah vor unserem ersten Auftritt in der schwedischen Vorentscheidung bereits.

Habt ihr mit dem Sieg in Luxemburg gerechnet?

Louis: Natürlich haben wir mitbekommen, dass wir unter den Favoriten damals waren. Dies war aber noch lange keine Garantie dafür zu gewinnen. Wir hatten natürlich die Hoffnung gewinnen zu können. Richard: Wir wussten, dass wir eine gute Nummer haben. Wir mochten unseren Song und konnten dies auch dementsprechend rüberbringen.

Ihr seid die letzten, die mit Startnummer 1 gewonnen haben.

Richard: Wirklich? Cool.

Gab es in Luxemburg irgendwelche besonderen Erlebnisse, an die ihr euch gerne erinnert?

Louis: Ich war damals 17 und kann mich noch sehr gut daran erinnern wie toll ich die Stadt fand. Wir waren damals eine Woche dort und hatten glücklicherweise ein wenig Zeit übrig für Sightseeing. Wir hatten zwei Proben, alles hat gepasst, daher konnten wir uns ein bisschen die Gegend anschauen. Ein schwedischer Journalist begleitete uns. Es war eine tolle Woche, ein tolles Land, wir haben uns sehr viel angesehen und uns so auf den großen Abend vorbereitet. Und ich habe das erste Mal in meinem Leben Schnecken gegessen (die beiden anderen lachen). Es war wundervoll, einfach köstlich. Per: Eine andere lustige Geschichte, die sich in Luxemburg zugetragen hat, ist die Tatsache, dass wir am Flughafen aufgehalten worden sind und die Sicherheitsleute uns nicht aus dem Land lassen wollten. Denn nach unserem Sieg haben wir das RTL-Zeichen aus der Halle als Erinnerung geklaut und wollten es mit nach Hause nehmen. Wir waren so von dem Emblem begeistert, dass wir es einfach mitnehmen mussten. Nach zähen Verhandlungen am Flughafen durften wir es letzten Endes doch mitnehmen. Ich glaube, Richard hat es noch irgendwo bei sich zu Hause. Richard: Ja, das stimmt. Wir durften es dann tatsächlich mit nach Hause nehmen.

1980 seid ihr mit Euren Eltern nach Los Angeles gezogen. Was war der Grund, warum ihr nach Amerika gegangen seid und warum kamt ihr wieder nach Schweden zurück?

Per: Unsere Eltern erkannten unser musikalisches und künstlerisches Talent und wollten dies unterstützen. Und da hatten sie die Idee, dass dies am besten in den USA möglich wäre. Wir haben dort ziemlich viel gelernt. Für mich war es besonders hart. Da unsere Eltern nicht so viel Geld hatten, musste ich nebenher noch arbeiten gehen, um Richard und Louis die Tanzausbildung zu finanzieren. Das war nicht immer leicht, aber ich bin froh, dass es so gekommen ist. Louis: Wir sind Per bis zum heutigen Tag sehr dankbar, dass er uns dies ermöglicht hat. 1984 kam dann das Angebot an der schwedischen Vorentscheidung teilzunehmen, was für unsere Eltern ein willkommener Anlass war in unsere Heimat zurückzukehren.

Irgendwann habt ihr beschlossen getrennte Wege zu gehen. Wann war das, und aus welchem Grund?

Richard: Wir waren dreieinhalb Jahre lang beinahe ununterbrochen unterwegs. Irgendwann war es dann genug. Per: Im weitesten Sinne haben wir uns nicht getrennt. Es war einfach eine Auszeit nötig. Louis: Ich wurde von unserer Kirche auf eine Mission geschickt, was im Vergleich zum Leben in der Showbranche für mich damals eine willkommene Abwechslung war. Außerdem habe ich angefangen zu studieren, so dass ich nicht mehr so viel Zeit für Auftritte hatte. Ein paar Jahre später sind wir dann wieder zusammen aufgetreten, haben gemeinsam Musik gemacht und 1994 auch ein neues Album aufgenommen. Aber es war nie mehr dasselbe. Dann hatten wir andere Jobs und die Familie trat in den Vordergrund. Jetzt ist es unser Hobby. Wir freuen uns, wenn wir ein paar Auftritte im Jahr haben und die Menschen damit begeistern können. Wir freuen uns, wenn wir uns sehen, zusammen auftreten und zusammen singen. Aber das ganze nun eben in einem kleineren Rahmen.

Ihr habt für Schweden den Eurovision Song Contest gewonnen, dennoch waren a-ha aus Norwegen die Boyband Nummer 1 der 1980er Jahre. Ohne Teilnahme am Eurovision Song Contest. Wart ihr je eifersüchtig auf diesen europa-, und sogar weltweiten Erfolg eurer Kollegen aus Norwegen?

Richard: Aha… Nein, in keinster Weise. Wir mögen ihre Musik. Meiner Meinung nach ist es so, dass man Musik und ihre „Auswüchse“ nicht kontrollieren kann. Jeder macht sein eigenes Ding und versucht auf seine Art und Weise Erfolg zu haben. Wir sind stolz auf das, was wir mit unserer Musik erreicht haben. Natürlich machen a-ha und wir auch unterschiedliche Arten von Musik. Per: Wenn ich mich recht erinnere, hatten sie ihren großen Durchbruch erst 1985 mit „Take on me“. Also nach uns. „Take on me“ war sogar auf Platz 1 in den USA. Wir dagegen hatten nie Erfolg in Amerika. Unglücklicherweise. Richard: Wir haben unseren Erfolg genossen und haben dabei nie auf andere geschaut.

Habt ihr noch Spaß daran „Diggi-loo, diggi-ley“ zu singen, oder geht euch das auf die Nerven wie so manch anderem Interpreten, der beim Eurovision Song Contest mitgemacht hat?

Louis: Es gab eine Zeit, das ist allerdings nun schon einige Jahre her, wo ich mir nicht sicher war, ob ich den Song immer noch singen möchte. Wo ich wirklich genug hatte, wo es einfach zu viel war. Aber dieses Gefühl ging sehr schnell vorbei. Wenn wir auf der Bühne stehen und sehen, dass das Publikum glücklich und fröhlich ist, wenn wir unser Lied performen und singen, genießen wir das sehr und freuen uns immer noch wie beim ersten Mal. Darum geht es ja auch in diesem Lied. Glücklich zu sein und auf Wolken zu schweben. „Diggi-loo, diggi-ley“ macht die Menschen glücklich. Und das macht uns als Künstler unheimlich reich. Ich überlege mir sogar, dass der Song auf meiner Beerdigung gespielt werden soll. Nicht aus Trauer, sondern einfach nur um das Leben zu feiern. Richard: Wir lieben unseren Song und singen ihn gern. Für uns ist er einer der besten der Eurovisionsgeschichte. Aber natürlich sind wir da nicht ganz unvoreingenommen (lacht). Louis: Wir sind wirklich glücklich über dieses Lied. Auch wenn wir es nicht selber geschrieben haben. Wir sind den Autoren immer noch unendlich dankbar für dieses Geschenk, das sie uns gemacht haben. Richard: Manchmal schreibt man Lieder, die einen auch glücklich machen und mehr für einen selber bedeuten. Ein Hit-Song zu schreiben und ihn dann auch zu haben ist unheimlich schwer. Und über solch ein Lied, einen solch großen Erfolg nicht glücklich zu sein, wäre doch sehr vermessen. Wenn man als Musiker die Menschen mit solch einem Lied erfreuen kann, kann man darüber doch nicht unglücklich sein. Das passt doch nicht: „Ich bin so unglücklich, weil ihr unseren Song mögt“. Das wäre wirklich seltsam.

Stimmt es, dass es geplant war mit „Sommarpartypå stranden“ am Melodifestivalen 1985 teilzunehmen um möglicherweise euren Titel zu verteidigen?

Richard: Nein. Es stimmt zwar, dass jemand von unserer Plattenfirma wollte, dass wir damit am Melodifestivalen teilnehmen. Aber es stimmt nicht, dass wir das wollten. Ganz und gar nicht. Per: Ich höre das jetzt zum ersten Mal. Richard: Nein, ich wusste das. Wir wollten das nicht nachdem wir gewonnen hatten.

Ist es wahr, dass ihr nach dem Eurovision Song Contest an einem anderen Musikfestival teilgenommen und dieses auch gewonnen habt?

Per: Ja, das stimmt. Wir haben am Festival von Sopot teilgenommen. Mit „Sommarpartypå stranden“ haben wir dort gewonnen. Das war im Sommer 1985.

Richard, du bist als Musicalsänger sehr erfolgreich. Spielst du aktuell gerade in einer Produktion mit?

Richard: Nein, im Moment nicht. Ich bin derzeit als Produzent sehr beschäftigt und mache derzeit etwas ganz anderes. Ich arbeite im Hintergrund von einem der größten Radrennen weltweit, das in Schweden stattfindet. Mit ca. 40.000 Teilnehmern jedes Jahr. Louis: Aber du machst nicht nur das. Richard: Ja. Ich mache viele Dinge. Ich bin sozusagen ein „Multitalent“ (die beiden anderen lachen).

Per, womit verdienst du dein Geld, wenn du nicht gerade mit deinen Brüdern auf der Bühne stehst?

Per: Ich arbeite als Anwalt für die Musikindustrie. Ich arbeite Schallplattenverträge und Kontrakte aus. Ich unterstütze viele Künstler bei ihren Vertragsverhandlungen. Ich bin sozusagen dem Musikbusiness treu geblieben, vertrete jedoch die andere Seite. In meiner Freizeit bin ich auch noch als Buchautor tätig. Ich habe bisher einen Kriminalroman veröffentlicht und arbeite derzeit an einem Kinderbuch.

Stimmt es, dass ihr damals auch mit Alla Pugachewa auf Tournee wart?

Per: Ja, das ist korrekt. Wir waren mit ihr 1985 auf Tour durch die Sowjetunion. In St. Petersburg, Moskau und Tallin. Wir waren insgesamt fünf Wochen lang zusammen unterwegs. Sie hat die eine Hälfte der Show bestritten, wir die andere. Es war eine großartige Erfahrung mit solch einer Künstlerin zusammen aufzutreten.

Louis, womit bestreitest du deinen Lebensunterhalt wenn du nicht auf der Bühne stehst?

Louis: Wenn ich nicht auf der Bühne stehe arbeite ich als Lehrer in einer Mormonenschule im wissenschaftlichen Bereich. Ich schreibe außerdem Kolumnen für Zeitungen und fotografiere sehr gerne. Ich bin verheiratet und habe drei Kinder. Wir alle haben große Familien. Per hat fünf Söhne. Per: Ja, fünf Jungs. Und zwei Enkelkinder. Das zweite kam vor kurzem auf die Welt. Richard: Ich habe auch zwei Töchter. Meine jüngste kam eines Tages von der Schule heim und hat mich furchtbar zusammen gefaltet. Sie haben damals im Musikunterricht „Diggi-loo, diggi-ley“ behandelt und sie hat sich furchtbar darüber aufgeregt: „Warum hast du mir nicht gesagt, dass du einer von den Sängern bist?“. Das war schon sehr komisch.

Würdet ihr nochmal am Melodifestivalen teilnehmen, und damit vielleicht am Eurovision Song Contest?

Louis: Die Überlegung war schon da es noch einmal zu versuchen. Dies aber eher nur als Songschreiber. Das konnte bisher leider noch nicht verwirklicht werden. Ich denke aber, dass es für uns als Gruppe keine Option mehr ist daran teilzunehmen. Wir haben alles gewonnen, was es zu gewinnen gibt. Daher denke ich eher nicht. Aber man soll niemals nie sagen. Bei allem. Aber ich sehe uns nicht noch einmal etwas Ähnliches machen wie damals vor über 30 Jahren. Wir haben aber nichts „dagegen“ im Pausenprogramm aufzutreten (lacht).

Das habt ihr ja 2002 bereits getan, als ihr beim Melodifestivalen im dritten Semifinale in der Wertungspause aufgetreten seid. Das war für mich damals ein absoluter Höhepunkt. Besonders, da ihr meine allererste Grand-Prix-Erinnerung seid und ich euer Poster in meinem Zimmer hängen hatte.

Louis: Ja, das war toll damals. Leider habe ich nichts gesehen. Ich habe für den Auftritt meine Brille abgenommen. Und ohne Brille bin ich absolut blind. Ich hab gehört, dass es stehende Ovationen für uns gab, doch ich hab diese leider nicht gesehen (lacht).

Das war ein sehr bewegender Moment für mich euch zu treffen und mit euch zu sprechen.

Louis: Und es war für uns eine große Ehre in eurem Auto mitfahren zu dürfen. Es war sehr schön. Es war sauber, und der Fahrer machte auch einen sehr seriösen Eindruck (lachen alle Drei).

Gern geschehen, und euch noch viele schöne Auftritte.