Interview mit Marta Jandová & Václav Noid Bartá
Alle vor Ort in Wien waren sich einig: Der beste tschechische Beitrag aller Zeiten kommt sicher ins Finale. Leider kam es anders. Vor dem Semifinale hatten wir Gelegenheit, die zwei gut gelaunten Künstler zu treffen.
Unsere Fragen an Marta Jandová & Václav Noid Bartá
Hallo Marta, hallo Václav. Für viele Fans war es eine große Überraschung, dass die Tschechische Republik zum Eurovision Song Contest zurückgekehrt und nun in Wien mit dabei ist. Warum, glaubt ihr, hat sich das Tschechische Fernsehen nach sechs Jahren Abwesenheit zur Teilnahme entschlossen?
Václav: Ich denke, dass geschah durch den neuen Fernsehdirektor beim Tschechischen Fernsehen.
Marta: Die Führungsebene wurde ausgetauscht, und diese haben dann die Rückkehr Tschechiens zum Eurovision Song Contest beschlossen. Aufgrund des europäischen Gedankens und dem gegenseitigen kulturellen Austausch zwischen den Nationen haben sie es wohl als wichtig empfunden wieder in den Schoß der Eurovisionsfamilie zurückzukehren. Und dann ging die große Fragerei los: Wen werden sie entsenden? Wer wird der Glückliche, oder wer werden die Glücklichen sein, die nach Wien fahren dürfen? Und wir haben „ja“ gesagt.
Ist die Teilnahme in irgendeiner Weise riskant für eure Karrieren?
Václav: Riskant? Nein.
Marta: Nein, ich denke nicht.
Václav: Wir fühlen uns geehrt und sind sehr stolz hier zu sein. Das hier ist die größte Erfahrung und das größte Abenteuer meines Lebens am größten Musikwettbewerb Europas teilzunehmen und hier mein Land zu repräsentieren. Meine Karriere zu Hause läuft sehr gut, und ich denke, dies hier wird sie noch weiter fördern.
Marta: Das denke ich ebenso. Ich bin ja in Deutschland schon sehr bekannt, und auch in der Tschechischen Republik bin ich eine sehr bekannte Sängerin. Es ist nur so, dass die Menschen in Tschechien darauf warten uns verlieren zu sehen. Es scheint zwar ein wenig riskant zu sein, sollten wir keine anständige Platzierung erreichen. Viele haben eben diese Bedenken geäußert, und wir entgegneten diesen Kritikern, dass wir uns dessen durchaus bewusst sind. Bisher wurde gerade einmal ein Artikel über unseren Aufenthalt in Wien in einer großen Tageszeitung veröffentlicht, mit einem Bild von uns und unseren Familien im Fahrstuhl (beide lachen). Das ist das einzige, worüber es sich zu berichten lohnt… dass wir Aufzug fahren.
Václav: Meine Tochter hat sich sehr darüber gefreut in der Zeitung zu sein.
Marta: Nichts über den Roten Teppich, nichts über unsere Proben. Abgesehen davon wurde nicht einmal der Name richtig geschrieben. Es hieß „Eurosong“, und nicht „Eurovision Song Contest“. Ich habe es auf Facebook gelesen, dass unsere Journalisten nicht einmal wissen, wie der Wettbewerb richtig heißt.
Václav: Die Journalisten haben sogar geschrieben, dass wir seit zwei Monaten, seit März, bereits schon in Wien sind, was natürlich absoluter Quatsch ist. Wir sind zwei Wochen hier. Außerdem machten sie dem Publikum weiß, dass die tschechischen Zuschauer für uns stimmen können (lacht).
Marta: Oh mein Gott.
Václav: Aber es ist in Ordnung, sie schreiben etwas.
Marta: Genau, sie schreiben etwas. Egal was (lacht). Wenigstens etwas.
Lieber schlechte Presse, als gar keine Presse.
Marta: Stimmt, lieber falsche Nachrichten als gar keine. Es ist egal. Wenn wir nicht erfolgreich sind, wird die Presse triumphieren. Und das möchten die ja.
Ist die Bevölkerung bei euch zu Hause froh, dass die Tschechische Republik zurück ist beim Song Contest, oder ist der Wettbewerb nicht mehr im Fokus der Öffentlichkeit?
Marta: Die meisten Menschen wissen überhaupt nicht, dass der Eurovision Song Contest kurz bevor steht. Drei Mal waren wir ganz weit hinten. Zwei Mal ganz Letzter, ein Mal Vorletzter.
Václav: Das wird natürlich auch davon überschattet, dass die Eishockeyweltmeisterschaft vor kurzem in unserem Land stattfand. Daher bekamen wir noch weniger Aufmerksamkeit in der Presse und von Seiten der Bevölkerung, als das ohnehin schon der Fall war. Das beginnt sich nun langsam zu ändern. Sie brauchen eben neue Schlagzeilen.
Marta: Ich denke auch, dass sich das in den nächsten Tagen noch ändern wird. Die tschechische Bevölkerung befürchten, dass wir wieder nur Letzte werden. Daher ist es ihnen lieber, den Wettbewerb nicht zu verfolgen, als ihn zu verfolgen und wieder nur schlechte Nachrichten zu bekommen. Unser Publikum möchte einfach nicht schon wieder enttäuscht werden.
Seid ihr wenigstens zuversichtlich mehr als zehn Punkte zu erreichen? Die Tschechische Republik hat bei ihren drei Teilnahmen zusammen gerade einmal diese Punktzahl erreicht.
Marta: Wir hoffen doch sehr, dass wir das Ergebnis verbessern und mehr als zehn Punkte erreichen können. Und natürlich haben sich unsere Hoffnungen nach unseren Proben verstärkt, weil viele Menschen und Journalisten sehr viel Positives über uns geschrieben haben. Das Feedback in den Medien ist sehr sehr positiv, daher hoffen wir doch sehr, dass wir mehr Punkte erreichen als bei den letzten Teilnahmen. Wir wären darüber wirklich glücklich. Deswegen sind wir ja hier. Wir wollen gewinnen.
Das ist die richtige Einstellung. Václav, du bist der Komponist des Titels. War es von Anfang an das Ziel deine eigene Komposition selber zu singen?
Václav: Nein, das war so nicht geplant. Es war von Anfang an geplant, dass es ein Duett mit Marta werden soll. Das ist das Einzige, was im Vorfeld feststand. Abgesehen davon, dass der Titel von mir komponiert werden soll.
Marta: Dann war es aber sehr schnell klar, dass er den Titel für uns beide schreiben würde, was ihm natürlich die Arbeit sehr erleichtert hat.
Habt ihr zuvor schon einmal zusammen gearbeitet?
Václav: Vor drei Jahren sind wir zusammen im Musical „Hamlet“ von Shakespeareaufgetreten. Ich spielte darin den Hamlet und Marta verkörperte die Rolle meiner Mutter. Ich weiß nicht warum, denn sie ist ein echt toughes Mädel (lacht).
Marta: Und das als seine Mutter (lacht). Das war bisher das einzige Mal, dass wir zusammen gearbeitet haben.
Václav: Vermutlich lag das daran, dass sie meine Stiefmutter war (lacht).
Darf ich euch ein Kompliment machen? Ihr harmoniert einfach wunderbar miteinander. Das merke ich in diesem Gespräch, dass ihr euch einfach versteht. Was bei einem Duett äußerst wichtig ist, dass die Chemie stimmt. Und das ist bei euch absolut der Fall. Das Publikum spürt das (Anm. d. Red. Dieses Kompliment wurde an Marta von mir auf Deutsch gerichtet).
Václav: Ich beginne so langsam ein wenig Deutsch zu verstehen. Also sag‘ nichts Falsches über mich (lacht).
Das würde ich niemals tun.
Václav: Ich sehe zwar nicht so aus, aber ich verstehe alles.
Marta, du hast 1993 Tschechien verlassen, und bist nach Deutschland gegangen. Was waren deine Beweggründe für diesen Schritt?
Marta: Ich wollte Deutsch lernen. Mein Plan war für ein Jahr in Deutschland zu bleiben. Ich wollte in Prag auf die Uni gehen, dafür musste ich ein paar Tests bestehen, auf die ich mich in Deutschland vorbereiten wollte. Diese bestand ich, ich war eine von etwa 20, die aus über hundert Studenten ausgewählt wurden. Ich wollte gerne Dolmetscherin für Englisch und Spanisch werden. Mir wurde aber im gleichen Zug mitgeteilt, dass ich kein Talent für Sprachen besitze. Weil ich so schlecht Deutsch spreche. Wenn du auf der Uni nicht aufgenommen wirst, kannst du es im nächsten Jahr wieder versuchen. Viele meiner Freunde waren in festen Anstellungen, sie arbeiteten in einem Büro. Dann verliebte ich mich in einen deutschen Jungen, der mich fragte, ob ich nicht noch ein Jahr in Deutschland bleiben wolle um die Sprache besser zu lernen. Meine Eltern, bei denen ich bis nach meinem Umzug nach Deutschland gewohnt hatte, waren davon zwar wenig begeistert, sie unterstützten mich aber dennoch. Dann fragte mein Freund mich, ob ich nicht einfach so zum Spaß gerne in seiner neuen Band Die Happy singen würde. Ich sagte: „Warum nicht, besser als sich zu langweilen“. Also blieb ich noch länger, da ich ja nun Sängerin war. Nach dem ersten Konzert mit Die Happy in Deutschland wurde mir klar, dass ich Sängerin werden und bleiben will. Und Sängerin zu sein ist wie Dolmetscherin zu sein. Wir „übersetzen“ Emotionen und Gefühle.
Václav: (Lacht) Und das kannst du wirklich ausgezeichnet.
Was sind die größten Unterschiede zwischen Arbeiten im deutschen Musikbusiness und im tschechischen Musikbusiness?
VMarta: Der Musikmarkt in Deutschland ist ein wenig größer. Viel mehr Menschen als in der Tschechischen Republik. Wir sind nur drei Millionen, ihr 80 Millionen. In Deutschland läuft alles sehr professionell ab. In Tschechien ist immer noch zu spüren, dass das Land 40 Jahre unter kommunistischer Herrschaft stand, unglücklicherweise. Nach der Revolution wurde es besser, Plattenfirmen wurden gegründet, es wurde alles freier, auch was die Art der Musik und die Texte anging. Wir arbeiten uns langsam an den deutschen Standard heran.
Was denken deine Kollegen von Die Happy über deine Teilnahme am Eurovision Song Contest?
Marta: Sie unterstützen mich bei allem, was ich tue. Beim Moderieren einer Fernsehsendung im deutschen Fernsehen auf ZDF Neo etwa. Oder als ich bei Popstars in der Jury war, womit ich aber keine guten Erinnerungen verbinde. Ich habe auch bei vielen anderen Künstlern als Gastsängerin gearbeitet. Bei Revolverheld, Apokalyptica und BAP. Sie können das ganz gut ab, dass ich ihnen nicht immer zur Verfügung stehe. Sie amüsieren sich sehr darüber, dass ich nun hier in Wien bin. Ich habe ihnen eine Nachricht zukommen lassen über unseren gemeinsamen WhatsApp-Kanal. Ich schreibe ihnen, dass ich hier eine großartige Zeit verlebe. Jamsessions, Party jeden Abend. Sie würden es bestimmt genießen. Es ist ein bisschen schade, dass sie nicht hier sind. Aber dafür habe ich ja Václav (lacht). Sie drücken mir die Daumen und freuen sich sehr für mich. Meine Jungs sind einfach großartig.
Du hast bereits zwei Mal beim BundesVision Song Contest in Deutschland teilgenommen, und 2007 sogar mit der Gruppe Oomph! und dem Titel „Träumst du?“ für Niedersachsen gewonnen. Was sind die größten Unterschiede zwischen dem Eurovision Song Contest und dem BundesVision Song Contest? Was haben sie gemeinsam?
Marta: Ich kann mich erinnern, dass wir beim BundesVision Song Contest nur eine Probe hatten, die am Tag zuvor stattfand. Da wurden auch das Licht und die Kameraeinstellungen nur ganz kurz geprobt. Es war wie ein zweitägiges Festival. Da sind es 16 Bundesländer, hier sind es 40 Länder auf zwei Semifinals und ein Finale verteilt. Außerdem sind wir hier für zwei komplette Wochen. Und natürlich schauen beim ESC deutlich mehr Menschen zu. Aber es ist das gleiche Fieber. Man sitzt am Tisch, man wird von Stefan Raab befragt. In Deutschland muss zum größten Teil auf Deutsch gesungen werden, hier hört man viele unterschiedliche Sprachen, auch wenn die meisten Lieder auf Englisch gesungen werden. Beim BundesVision Song Contest sind viele Newcomer dabei, man kennt sich teilweise untereinander, hier in Wien kennen wir keine Sau. Man verliert leicht den Überblick bei so vielen Ländern. Wir hören zwar, das ist der und der Interpret, der in seinem Land sehr berühmt ist. Das bekommt man manchmal gar nicht alles auf die Reihe, ob es etablierte Künstler oder Newcomer sind.
Marta, 2011 hast du für die deutschen Fußballfrauen bei der Heim-WM den Titel „Sister Hit The Goal“ geschrieben und gesungen. Hast du den Titel beim DFB eingereicht, oder war es eine Auftragskomposition?
Marta: Die Vorgeschichte ist, dass ich mit 17 Jahren eine ganz gute Fußballerin war, und selbst bei einigen Clubs in Amerika auf dem Zettel stand. Es war immer ganz toll für mich Teil eines Teams zu sein. Allerdings war ich meistens nur die Nummer 13, so dass ich nur selten gespielt habe.
Václav: Das kenn ich gut… ich habe auch immer und immer wieder darauf gewartet endlich spielen zu dürfen (lacht). „Du musst noch warten, du musst noch warten…“ hab ich immer gehört. „Ok, ok, ich warte“. Dabei ist es dann auch geblieben (lacht).
Marta: Ich war unglaublich fit, ich bin gerannt und gerannt. Aber leider hat es dann doch nicht zu einer Karriere als Fußballerin gereicht. Es war toll, ich habe damals im Vorfeld der WM in Deutschland die besten Fußballerinnen getroffen, unter anderem Marta aus Brasilien. Sie war damals die beste Fußballerin der Welt. Es war eine große Ehre meine „Namensvetterin“ zu treffen. Ich war sehr nervös damals. Sie waren alle sehr nett, besonders die deutschen Mädels. Wirklich coole Mädchen. Ich wurde damals vom DFB gefragt, ob ich den Titelsong schreiben möchte. Ich habe mich sehr darüber gefreut. Sie wussten, dass ich früher Fußball gespielt hatte. Ich habe nur nicht verstanden, warum ich den Titel auf Englisch, und nicht auf Deutsch für die deutschen Frauen schreiben sollte. Herbert Grönemeyer hat zur WM der Männer 2006 „Zeit, dass sich was dreht“ auch auf Deutsch geschrieben. Das war etwas seltsam, aber gut. Und mein Deutsch ist nicht schlecht, wenn ich singe.
Dein Deutsch ist auch perfekt, wenn du nicht singst. Václav, wie alt warst du, als du dein Talent zum Singen entdeckt hast?
Václav: Im Alter von 22 Jahren bin ich das erste Mal auf einer Bühne im Musical „Excalibur“ gestanden. Mittlerweile habe ich bereits 16 Musicals in meiner Vita zu Buche stehen. Darauf bin ich sehr stolz. Allerdings genieße ich es mehr meine eigenen Sachen als Solosänger zu performen, als auf einer Musicalbühne zu stehen. Meine Lieblingsrolle ist die des Jesus in „Jesus Christ Superstar“.
Hast du deine Stimme besonders geschult, oder ist diese von Gott gegeben? Deine Stimme ist wirklich sehr außergewöhnlich und einzigartig.
Václav: Vielen Dank für dieses Kompliment. Ich habe meine Stimme noch nie geschult, ich hatte auch nie einen Gesangslehrer. Ich habe eben gute Stimmbänder. Es sind nur Muskeln. Und diese müssen eben ständig trainiert werden. Du musst einfach singen, um sie zu trainieren.
Marta: Und er singt die ganze Zeit.
Václav: Ich singe von Montag bis Sonntag in Musicals.
Marta: Er ist ein echter Glückspilz mit so einer hervorragenden Stimme gesegnet zu sein. Andere müssen jeden Tag üben, und sind nur halb so gut wie er. Er hat wirklich tolle Nuancen in seiner Stimme.
Wisst ihr, dass Karel Gott der erste tschechische Sänger war, der auf einer Eurovisionsbühne stand? Allerdings für Österreich.
Marta: Ja, davon haben wir gehört. Aber wohl nicht sehr erfolgreich.
Das stimmt, er hat damals gerade einmal zwei Punkte aus Deutschland bekommen.
Václav: Wirklich? (lacht laut). Gut zu wissen, dass wir zumindest drei Punkte bekommen müssen, um besser als Karel Gott zu sein. Dass müssen wir unbedingt der Presse stecken.
Václav, wenn du nicht gerade für Tschechien beim Eurovision Song Contest einen englischen Titel singst, sind deine Songs, die du zu Hause singst, gewöhnlich auf Englisch oder Tschechisch?
Václav: Nein, ich singe die meisten meiner Lieder in meiner Muttersprache. Allerdings habe ich doch Ambitionen auf den internationalen Markt zu kommen, daher werde ich mehr und mehr versuchen englische Lieder zu singen, um dies voran zu treiben. Meine Meinung ist, dass, wenn du in der Tschechischen Republik lebst und arbeitest, musst du Tschechisch singen.
Marta: Ich habe das bereits einigen deutschen Journalisten erzählt, warum es für uns beide wichtig ist hier in Englisch zu singen, und nicht auf Tschechisch. Wir möchten, dass das Publikum unsere Botschaft versteht. Auf Tschechisch würde das niemand verstehen. Für uns wäre unser Lied dann nur halb so gut, wenn niemand die Botschaft verstehen würde, die wir rüberbringen möchten. Wir haben uns auch über die finnische Gruppe Pertti KurikanNimipäivätunterhalten, die ich nicht mag. Tut mir leid, aber wir finden, dass der Text sehr lustig ist „Ich muss das tun… ich muss das tun… ich muss meinen Arsch hoch kriegen“. Aber es versteht niemand. Wenn das Publikum verstehen würde, worüber die da singen, würden sie, meiner Ansicht nach, deutlich sympathischer rüber kommen. Ich finde, Musik und Text würden dann mehr eine Einheit bilden… auch wenn die Musik eigentlich nur Krach ist. Aber gut. Daher singen wir Englisch. „Hope never dies“ hört sich auf Tschechisch nicht wirklich toll an. Das würde einfach nicht gut ankommen.
Gibt es eine tschechische Version von „Hope Never Dies“?
Marta: Nein. Der Song ist dafür gemacht auf Englisch gesungen zu werden. Vielleicht in 150 Jahren. Man weiß nie, wie sich die Geschichte entwickelt.
Und wenn ihr gewinnen solltet, gibt es dann eine tschechische Version? Oder gar eine deutsche?
Václav: Ich verspreche dir, sollten wir gewinnen, wird es eine deutsche Version geben (Marta singt auf Deutsch „Hoffnung stirbt nie“, Václav singt auf Tschechisch; Marta „übergibt“ sich symbolisch). Die tschechische Sprach hat eine andere Melodie als die englische, daher würde ein tschechischer Text nicht mit der Musik zusammen passen.
Marta: Ich bin mir sicher, die meisten würden das furchtbar finden.
Václav: Da es im Vorfeld bereits feststand, dass der Song in Englisch gesungen wird, habe ich diesen auch so komponiert, dass die Musik mit der englischen Sprache konform geht.
Marta, ein Zitat von dir im Vorfeld des ESC lautete: „Das Land reagiert wie ein Kind, dass drei Jahre keine Weihnachtsgeschenke bekommen hat, und jetzt denkt, dass Weihnachten böse ist“. Was hat diese Aussage zu bedeuten?
Marta: Das bedeutet, dass wir der tschechischen Bevölkerung etwas beweisen wollen. Bei drei Teilnahmen am Eurovision Song Contest haben wir versucht erfolgreich zu sein und sind jedes Mal grandios gescheitert. Zweimal waren wir Letzter, einmal Vorletzter. Das sind genau die drei Jahre, in denen das Kind keine Weihnachtsgeschenke bekommen hat. Jetzt sind wir zum vierten Mal da, und jetzt denken alle Tschechen: Eurovision schauen wir lieber nicht an, denn es gibt uns sowieso niemand Punkte. So meinte ich das.
Marta, du bist 2013 das erste Mal Mutter geworden. Sind eure Familien hier in Wien dabei, und wie wichtig ist die Unterstützung eurer Familien und Angehörigen für euch?
Marta: Meine Familie ist für mich das Wichtigste auf der Welt. Ohne meine Familie wäre ich nicht hier. Ich würde es eher zwölf Tage ohne meinen Mann, als ohne meine Tochter aushalten. Ich bin ihre Mutter, und sie braucht mich natürlich.
Václav: Meine Familie ist alles für mich. Wir haben im Vorfeld das Video für den Vorfilm gedreht, ohne unsere Familien. Das war wirklich hart. Und dabei waren es nur zwei Tage. Wir haben zwei Tage nur geheult (lacht).
Marta: Es ist für uns beide unglaublich wichtig, dass unsere Familien hier sind. Seine Frau und mein Mann werden im Green Roommit dabei sein. Mein Mann hat schon gesagt, dass er die Kameras nicht mag. Ich habe ihm gesagt: „Stell dich nicht so an, ich brauche dich“. Er befürchtet, dass er zu nervös sein könnte. Dann habe ich ihm gesagt: „Was glaubst du, wie es mir geht hier vor hunderten von Millionen auf der Bühne zu stehen und zu singen?“. Das hat er dann glücklicherweise eingesehen (lacht). Leider ist heute etwas Unglückliches in Wien passiert. Ich musste weinen, ich bin eine Frau. Und ich befürchte, wenn er nicht bei mir wäre, würde ich pausenlos weinen. Er unterstützt mich sehr und sorgt dafür, dass es mir besser geht.
Václav: Er ist wirklich sehr nett. Auch wenn ich es nicht verstehe, wie er es mit Marta aushält (lacht laut). Aber sie hat recht. Es ist die Aufgabe der Männer für ihre Frauen stark zu sein. Das ist ihr Schicksal.
Welche Lieder eurer Konkurrenten mögt ihr besonders? Habt ihr persönliche Favoriten?
Marta: Ich mag Lettlands Aminata. Sie hat ein starkes Lied. Es ist kein Popsong, gerade das finde ich so toll. Es sticht heraus. Ich finde es einfach großartig wie sie auf der Bühne steht in diesem grandiosen Outfit (singt „Love injected“).
Václav: Ich mag, aber gleichzeitig hasse ich den Song aus Schweden. Es ist ein fantastischer Song und er ist ein toller Sänger. Aber ich hasse das Lied aus dem Grund, dass mir „Heroes“ die ganze Nacht nicht mehr aus dem Kopf geht. Darum hasse ich es (lacht). „Amanecer“ von Edurnefinde ich auch sehr toll, und Malta. Aber auch nur, weil es wie „Marta“ klingt (lacht). Aber Marta hat recht, „Love injected“ ist toll.
Marta: „Love injected“ ist kein typischer Eurovisionssong. Deshalb mag ich es. Das Lied ging mir gestern nicht mehr aus dem Kopf.
Wie glaubt ihr, würdet ihr reagieren, wenn am Donnerstag „Tschechische Republik“ aus dem virtuellen Umschlag gezogen wird? Und wie würde die Bevölkerung zu Hause reagieren?
Marta: Ich glaube, ich hätte keine Fingernägel mehr. Wir sind jetzt schon so nervös und aufgeregt deswegen. Ich glaube, wenn wir ins Finale einziehen, werden wir laut schreien und herum hüpfen. Und ich glaube, das wäre dann so laut, dass wir den ganzen Freitag nicht mehr sprechen könnten, um unsere Stimmen für den Samstag wieder zurück zu bekommen.
Aber ihr müsst Freitag wieder proben, und das Juryfinale findet abends auch statt.
Marta: Ich weiß (lacht). Wir werden uns dann nur artig bedanken. Wir lassen am besten einfach alles auf uns zukommen. Aber still wird es auf keinen Fall sein.
Da Deutschland im zweiten Semifinale abstimmen wird, bin ich sicher, dass von dort Punkte kommen werden. Ich drücke ganz fest die Daumen.
Marta: Vielen lieben Dank für deine guten Wünsche.
Marta, von dir und deiner Gruppe Die Happy wurden in Deutschland zahlreiche Alben veröffentlicht. Václav, wo bekommt man am besten eine CD mit deiner Musik?
Václav (Marta übersetzt): Am besten bei Itunes, oder du lädst es einfach illegal aus dem Netz herunter (lacht). Ich arbeite gerade an einem neuen Album auf dem dann auch „Hope never dies“ vertreten sein wird. Mit viel Glück wird es zu Weihnachten soweit sein.
Ich werde darauf achten. Ansonsten steht wohl ein Besuch in Prag an.
Marta: Unbedingt. Prag ist immer eine Reise wert. Es ist eine tolle Stadt.
Vielen Dank für das ausführliche Gespräch und viel Erfolg.
Tschechisch-deutsches Quartett Marta und Václav nahmen Oliver und Bernd in die Mitte.