Hallo Ramona. Anfang der 1970er Jahre hattest du zahlreiche Auftritte in der ZDF Hitparade. Wie und wo bist du damals für den deutschen Schlager entdeckt worden?

Entdeckt hat mich quasi mein Onkel. Er hat mich dazu überredet an einem Nachwuchswettbewerb teilzunehmen. Und da war ein Produzent, der hat mich gleich unter seine Fittiche genommen und mit mir die erste Single gemacht "Du - ich brauch was und das bist du". Damit hatten wir dann gleich einen Supereinstieg in der ZDF-Hitparade. Das war damals total überraschend für mich und ein absoluter Glücksfall, dass es mit der ersten Single gleich so geklappt hat. Ich habe mich mit diesem Lied dann gleich zwei Mal platzieren können. Und dann waren eigentlich die Produktionen danach abgesichert. Es wurde gleich die nächste Single gemacht "Alles was wir woll‘n auf Erden", auch ZDF-Hitparade. Und dann folgten noch einige Hits, die Ralph Siegel produziert hat.

Wenn man in Deutschland künstlerisch einmal in eine Schublade gesteckt wurde, ist es sehr schwer dort wieder heraus zu kommen. Wie ist dir damals der Umstieg vom Schlager zum Disco-Sound gelungen, und wer hat dich dazu gebracht?

Der Umstieg war für mich sehr einfach, weil ich immer sehr gerne internationale Musik gesungen habe. Wenn ich irgendwelche Musik gehört habe, dann waren es die Bee Gees, die Beach Boys oder Dusty Springfield. Da ich sehr international orientiert war, war ich ehrlich gesagt ein wenig enttäuscht, dass ich Schlager singen sollte. Was ich aber auch sehr gerne getan habe. Mein damaliges Idol war Manuela, demnach hatte ich kein Problem in der deutschen Kategorie untergebracht zu sein. Aber international hat mir das doch mehr zugesagt. Als großer Soul-Fan war ich damals ganz verrückt nach James Brown, wozu wir alle getanzt haben seinerzeit. Daher war die Umstellung für mich persönlich überhaupt nicht schwierig. Ich hatte mit Ralph Siegel zusammen gearbeitet, danach mit Michael Kunze, der deutsche Versionen internationaler Hits produziert und mit mir "Sugar Candy Kisses" aufgenommen hat beispielsweise. Er hat meine Vorliebe für englischsprachige Songs schon sehr gut gekannt. Und somit trat genau das, was ich mir gewünscht habe, ein. Keine Umstellung für mich, alles war wunderbar, hat gepasst.

Du hast auch als Schauspielerin erste Gehversuche gestartet in dem Klamaukfilm "Tante Trude aus Buxtehude". War es je eine Option für dich als Schauspielerin Fuß zu fassen, oder war dieser Film damals ein einmaliger Ausflug?

Na ja, in dem habe ich ja gar nicht so viel gespielt, sondern nur meinen Hit gesungen. Ich habe aber auch die Schauspielschule in München besucht. Das war nach Silver Convention. Ich habe mir gedacht: "Ok, du musst was machen für deine Weiterbildung im Showbusiness". Als ich mit den beiden Ladies von Silver Convention auf Welttournee war, hatten wir laufend Proben in Amerika. Da hatten wir allerdings ein maßgeschneidertes Programm bekommen. Von daher hab ich schon gewusst, dass man mehr machen muss um im Showbusiness Stabilität zu haben. Da habe ich mich in der Schauspielschule angemeldet. Aber das war, wie gesagt, nach "Tante Trude aus Buxtehude" und Silver Convention, und ich habe darin wirklich nur meinen Hit gesungen. Mehr habe ich da leider gar nicht gemacht (lacht).

Wie bist du dann zu Silver Convention gekommen?

Das war eigentlich auch sehr einfach. Michael Kunze hat mit mir, wie bereits erwähnt, "Sugar Candy Kisses" aufgenommen. Er hatte eine Absprache mit Ralph Siegel, weil dieser wusste, ich würde auch gerne mal was anderes machen. Ich war dann auch schon 20 und wollte weg vom Schlager, weil es für mich einfach nicht mehr so gepasst hat diese Art von Musik zu machen, wenn man eine junge Frau ist. Und dann hat Ralph eben Michael auf mich angesetzt. Dieser hat genau gewusst, was ich machen wollte, und irgendwann hat Michael gesagt: "Du, ich hab da was, das ist genau das, was du willst, für was du brennen wirst". Und genau damit hat er recht gehabt.

Du warst die einzige, die durchgehend bei Silver Convention dabei war, während es über die Jahre unterschiedliche Besetzungen gab und immer wieder Sängerinnen ausgetauscht wurden. Wie war diese dauernde Fluktuation für dich zu verkraften?

Klar war das nicht immer einfach. Man baut ja schließlich eine Verbindung zu den Kolleginnen auf. Wir waren auch alle untereinander befreundet. Das hat mich teilweise schon sehr traurig gemacht, weil ich meine Kolleginnen dann doch sehr vermisst habe. Wir waren auch aufeinander eingespielt. Aber bei Penny beispielsweise war das dann gar nicht mehr möglich, weil sie eben diesen großen Soloerfolg hatte und in Europa bleiben musste, so dass Zenda Jacks für sie in die Gruppe reingenommen wurde. Aber im Endeffekt ist es eine Sache, an die man sich doch schnell gewöhnt. So viel Zeit zum traurig sein hat man da nicht. Die Termine stehen fest, und da heißt es immer wieder anfangen zu proben und die neuen Mitglieder dann eben einzuführen. Das Ganze ist mit Arbeit verbunden. Und mit Emotionen. Definitiv.

Wie unterschieden sich die Engagements in Deutschland von denen in den USA? Ging es da professioneller zu als bei uns?

Die Produktionen haben wir ja immer in Deutschland gemacht. Aber die Liveauftritte in den USA unterschieden sich doch sehr von denen hier in Deutschland. Wir sind fast nur mit Playback aufgetreten. Wir hatten also nie eine Band, die mit uns auf Tour gegangen ist. Und in Amerika, aber auch in Japan, war das alles ganz anders. Selbst in Australien. Das waren alles Liveauftritte, da kam gar nichts vom Band. In den USA wurden wir stets von einer Gruppe begleitet. Die Musiker waren aus New York, mit denen haben wir das alles geprobt. Und das einzige, was hinzugefügt wurde, das waren die Streicher. Wir hatten die "Philadelphia Streicher", dann hatten wir die "Strings von Tokyo", oder einmal auch die "Australian Philharmoniker". Das war immer etwas ganz besonders, weil die Streicher immer aus dem entsprechenden Land kamen, in dem wir aufgetreten sind. Die Streicher waren ja die Basis all unserer Produktionen, und das wäre jedes Mal sehr teuer geworden, wenn diese uns bei jedem Konzert begleitet hätten auf einer großen Tournee. Aber die Basis, sprich die Band, war immer die gleiche. Daher hatten wir einen Musical-Director, der das mit den Streichern eingespielt hat, so dass das kein Thema war. Manchmal war es ein bisschen schwierig, da die Partien der Silver Convention Songs, also die klassischen Elemente, teilweise wirklich sehr schwer zu spielen waren. Besonders für die Philharmoniker, die nur einen Nachmittag zum Proben hatten. Aber es hat wirklich sehr gut funktioniert. Übrigens in Japan hatten wir immer Damen. In weiß gekleidet. Das war schön. Die saßen wie die Engel auf der Bühne, das war wunderbar.

Penny hat erzählt, dass kurz vor eurem Auftritt in London bei dir der Reißverschluss am Kostüm geplatzt ist. Was ist dir in diesem Moment durch den Kopf gegangen?

Ich hab gedacht ich sterbe. Der Reißverschluss von meinem rosafarbenen Hosenanzug ist geplatzt. Der hat sich irgendwie verhakt, etwa zehn Minuten vor dem Auftritt. Ich hab versucht den Reißverschluss zuzumachen, und ihn dann irgendwie ruiniert. Penny hat es dann zugenäht. Ich weiß nicht mehr, wie sie das gemacht hat, ob da noch eine Sicherheitsnadel dran war, aber das ging ratz-fatz. Das war unglaublich, dass mir das passiert ist. Sie hat mich wirklich gerettet. Und es hat auch niemand gesehen.

Penny meinte, sie hätte anschließend zu dir gesagt: "Ab jetzt bitte nicht mehr atmen".

Ja, das stimmt. Als sie genäht hat, musste ich die Luft anhalten. Ich musste den Bauch, den ich ja Gott sei Dank nicht hatte, noch weiter einziehen, und Penny hat dann genäht und genäht. Ich weiß nicht genau wie lang, das ging etwa sechs bis acht Minuten. Kurz vor dem Auftritt war sie dann fertig, so dass wir dachten, es hält, und dann war es gut.

Es hat ja dann auch gehalten. Ich habe das auch Penny und Rhonda schon gefragt. Warst du mit dem achten Platz zufrieden, oder hätte es besser sein können? Meine Theorie lautet: die Jurys waren etwas verwirrt, weil Silver Convention dafür bekannt waren minimalistische Texte zu singen, bei denen sich die Titelzeile ständig wiederholt.

Das kann schon sein. Wir waren sehr, sehr zufrieden mit unserem Auftritt. Der war wirklich einwandfrei. Selbst wenn ich den jetzt nochmal anschaue, finde ich wirklich nichts was ich monieren könnte. Die Stimmen waren super, es war perfekt. Also von daher war ich mit dem Auftritt und der Grand-Prix-Veranstaltung sehr zufrieden und glücklich. Allerdings hätte ich mir tatsächlich gewünscht, dass wir ein bisschen weiter vorne platziert gewesen wären. Ja, ich denke, das hätte schon gut hinhauen können.

Das sehe ich genauso. Besser konnte man es nicht machen.

Nein, besser konnte man es nicht machen.

1977 wurde die Regel, dass jedes Land in seiner eigenen Sprache singen muss, wieder eingeführt. Deutschland hatte, neben Belgien, eine Sondergenehmigung auf Englisch zu singen. Gab es da irgendwelche Neidgefühle von Seiten der anderen Delegationen, weil Deutschland diese Sondererlaubnis erhalten hatte?

Also wenn das so gewesen wäre, dann habe ich das nicht bemerkt. Ich weiß es wirklich nicht. Auf die Idee bin ich gar nicht gekommen. Ich denke, jeder war mit seinem eigenen Lampenfieber und der Vorstellung beschäftigt den Auftritt so gut wie möglich zu machen, so dass ich mir das nicht vorstellen kann. Aber, wie gesagt, ich weiß es nicht.

Wie schwer war es für dich nach dem Ende von Silver Convention in ein selbstgewähltes "normales" Leben zu gehen und sich aus dem Scheinwerferlicht zu verabschieden?

Nach dem Song Contest waren wir ja dann noch für anderthalb Jahre auf Welttournee. Dies war auch eine sehr große Herausforderung, verbunden mit viel Arbeit und unheimlicher Anstrengung. Danach war ich dann eigentlich schon ganz happy, dass ich da irgendwie so die Kurve kriegen konnte. Es war dennoch nicht ganz so einfach, vor allem den Kolleginnen, Kollegen und Musikern gegenüber. Denn wir hätten noch weiter machen können. Es gab immer noch sehr viele Anfragen. Ich hatte ja überhaupt keine Möglichkeit ein normales Leben zu führen, da ich seit meinem 15. Lebensjahr quasi ohne Pause unterwegs war. Das ist nicht so wie bei anderen Menschen, die mit ihrer Arbeit immer nur am selben Ort sind. Ich war ja immer mit Koffern unterwegs. So war das auch sehr einfach. Es war ja frei gewählt. Ich wollte dann ganz gerne mal eine Pause machen, konnte es aber nicht gleich. Ich musste so einen Mittelweg finden, weil ich noch Verträge in Deutschland zu erfüllen hatte mit meinen Produzenten, die für die Solokarriere verantwortlich waren. Diese habe ich dann tatsächlich noch erfüllt. Aber was Silver Convention anbelangt haben wir alle Drei entschieden, dass wir das Projekt ganz gerne auf Eis legen möchten. Das hatte sich unter anderem dadurch ergeben, dass die Produzenten sich getrennt hatten, Silvester Levay und Michael Kunze, so dass das Ganze eben auch auf wackligen Füßen stand. Und ja, wir haben dann die Verträge noch erfüllt, die eben mit Jupiter Records noch zu erfüllen waren, und dann haben wir das mit Michael besprochen, und im gegenseitigen Einverständnis dann gesagt, dass wir ganz gerne das erst Mal ruhen lassen wollen.

Was machst du heute, womit verdienst du dein Geld?

(Lacht) Viele Dinge… ich setzte mich besonders für meinen neuen Job sehr ein. Ich habe verschiedene Fortbildungen und Ausbildungen gemacht. Ich bin Heilpraktikerin für Psychotherapie, bin sehr gut in dem Gebiet, dass mir auch sehr viel Spaß macht. Ich unterrichte an einer bekannten Heilpraktikerschule in Berlin. Gelegentlich singe ich auch noch. Nicht so oft, aber es kommen auch öfters Angebote. Wenn diese Angebote, die gelegentlich kommen, dann so gut sind, dann machen wir das auch. Zuletzt sind wir vor vier Jahren als Silver Convention in Italien aufgetreten. Da kommt eigentlich so alle zwei Jahre irgendwas. Das macht uns immer noch sehr viel Spaß. Gelegentlich singe ich mit einem Liveorchester. Das ist so ähnlich wie die RTL Chartshow. Und ja, dann ist eigentlich so der Tag relativ ausgefüllt. Ich habe ja auch noch Kinder. Meine Kinder sind groß, bis auf die Kleinste, die gerade Abitur macht, die ist ja auch schon 18, und da bin ich ganz gut beschäftigt.

Vielen Dank liebe Ramona für deine offenen Worte und weiterhin viel Erfolg im Beruf.